Miniröcke sieht man bei sonnigem Wetter überall, und als Faltenrock kommt das richtig schön!
Einen Faltenrock zu konstruieren, ist ziemlich einfach. Du musst nur ein bisschen rechnen ;)! Und wenn du in der Uni gerade ein Projekt hast, bei dem von einem rechteckigen Stück Stoff nichts übrigbleiben soll, also z.B. ein “Zero Waste”-Projekt, dann hast du hier eine gute Möglichkeit, den Stoff optimal auszunutzen!
Vorüberlegungen
Als erstes überlegst du dir ein paar Vorgaben zu deinem Modell. Das zeige ich dir hier an einem Beispiel:
Minifaltenrock mit Falten rundum für Größe 36 Rocklänge ab Taille: 38,0cm Faltenabstand: 4,0cm Falteninhalt: 8,0cm (doppelter Faltenabstand) Reißer an der linken Seitennaht: 20,0cm Bund in der Taille: 3,5cm breit Knopfverschluss mit Übertritt von 3,5cm
| Mach dir eine Skizze: |
Daraus ergeben sich noch ein paar Maße, die du der Maßtabelle entnehmen kannst:
Taillenumfang TU = 68,0cm
Hüftumfang HU = 94,0cm
Hüfttiefe Ht = 21,0cm
Schnell gerechnet
Du gehst zunächst vom HU aus. Als Auflockerung gibst du wie auch schon beim Grundschnitt 2,0cm zu, eventuell etwas mehr. Bei einem Faltenabstand von 4,0cm und einem Falteninhalt von 8,0cm brauchst du für jede Falte also die dreifache Menge an Stoff! Sieh hier:
Da die Falten rundum laufen sollen, brauchst du also dreimal das fertige Hüftmaß:
3 x (HU+2,0cm) = 3 x 96,0cm = 288,0cm
Beginne mit einem Rechteck
Du zeichnest dir also nun ein Rechteck mit den Maßen 288,0cm Breite und für die Länge 38,0cm, wobei die Taillenlinie oben ist und unten der Saum.
Parallel zur Taillenlinie 21,0cm darunter trägst du die Hüftlinie ein.
Die beiden Seiten des Rechtecks werden die linke Seitennaht sein, in der der Reißverschluss (RV) eingenäht werden soll. Zeichne dir an beiden Seiten gleich die Länge des RV (siehe Vorüberlegungen) ab Taille ein.
Bevor du nun deine Falten einzeichnest, musst du dir noch überlegen, an welcher Stelle im Faltenverlauf der RV sitzt. Hierzu nochmal eine Skizze:
Du beginnst also mit der ersten Faltenaufsicht von 4,0cm am linken Rand deines Rechtecks und markierst diese durch eine parallele Linie von Taille bis Saum. Als nächstes trägst du 8,0cm Falteninhalt in der gleichen Weise ab. Dann folgt wieder eine Falte, dann wieder ein Falteninhalt, also wieder 4,0cm, dann 8,0cm. So fährst du fort bis zum rechten Rand deines Rechtecks. Wenn du dir noch mal die Skizze oben anschaust, solltest du erkennen, dass du am rechten Rand mit einem Falteninhalt, also 8,0cm enden musst.
Insgesamt müssten sich 24 Falten ergeben (96,0cm / 4,0cm = 24 Falten).
Dies alles ist sehr logisch und dürfte dir wahrscheinlich keine Probleme bereiten.
Die Taillierung
Der Rock hat jetzt die richtige Hüftweite, aber an der Taille muss er nun enger werden. Anders als beim Grundschnitt wird hier die Mehrweite, also der Differenzbetrag zwischen Hüft- und Taillenweite, gleichmäßig rumdum auf alle Falten verteilt.
Jetzt wird wieder gerechnet: wie schon beim HU gibst du auch beim TU 2,0cm für die Verarbeitung zu.
TU + Zugabe = 68,0cm + 2,0cm = 70,0cm
Hüftweite – Taillenweite = Mehrweite
96,0cm – 70,0cm = 26,0cm
Diese 26,0cm müssen nun auf alle 24 Falten verteilt werden, und zwar beidseitig an jeder Faltenaufsicht! Das bedeutet, dass diese 26,0cm durch 24 Falten und dann noch mal durch 2 geteilt werden müssen:
26,0cm / 24 / 2 = 0,54cm
0,54cm lassen sich nicht leicht abtragen, versuche trotzdem so genau wie möglich zu zeichnen! Denn 0,04cm zweimal an 24 Falten summieren sich zu 1,9cm! Die hättest du dann zuviel im Schnitt. Kein Weltuntergang jedoch, denn letztendlich können diese bei der Menge an Falten und je nach Dicke des Stoffes ganz schnell wieder durch die Verarbeitung “geschluckt” werden.
Faltenschablone
Am besten entwickelst du dir eine Schablone, mit der du alle Falten anzeichnen kannst. Die ist auch für die Verarbeitung nützlich, z. B. wenn du die Falten ein Stück zunähen möchtest. Zeichne dir dazu auch den inneren Faltenbruch ein. Die Faltenschablone im Bild ist rot eingezeichnet. Kopiere deine und schneide sie aus, dann kannst du sie an allen Faltenbrüchen anlegen. Außerdem kann sie in der Produktion gleich zum Legen oder Nähen der Falten verwendet werden, vorausgesetzt, diese sollen ein Stück (z.B. 5-10 cm) zugenäht werden.
Rechte Seitennaht
Im Moment ist dein Schnittteil sehr breit – 288,0cm! Dabei ist noch nicht mal eine Nahtzugabe enthalten. Wenn du die Seitennaht als Fadenlauf betrachtest, dann bekommst du das Schnittteil nicht auf die Stoffbreite, selbst wenn der schon 150cm breit liegt. Du hast nun mehrere Möglichkeiten:
- Du teilst den Schnitt an der rechten Seite und fügst eine Seitennaht ein.
- Du legst den Fadenlauf parallel zur Webkante. (Das wäre für eine Einzelanfertigung sehr verschwenderisch. Produzierst du mehrere gleiche Röcke, so kannst du sie alle auf dem Stoff nebeneinander platzieren – das musst du dir ausrechnen. Aber auch bei dieser Variante kannst du eine Seitennaht einfügen.)
- Du teilst den Schnitt zweimal, weil dein Stoff noch schmaler ist z.B. nur 100cm.
Mir geht es hier in erster Linie darum, dir zu erklären, wie und nach welchen Kriterien du eine Naht einfügst:
Anders als an der linken Seitennaht, an der du einen Reißer einfügen musst und der natürlich gut zugänglich sein soll, kannst du jede andere zusätzliche Naht im inneren Faltenbruch verbergen. Das sieht dann folgendermaßen aus:
Nahtzugaben und Knipse
In der obigen Abbildung habe ich auch schon die Nahtzugaben eingezeichnet. An Taillen- und Seitennähten wird i.d.R. 1,0cm Nahtzugabe angezeichnet. Der Saum beträgt üblicherweise 4,0cm in der Bekleidungsindustrie. Den Saum kann man aber auch 5-6cm breit gestalten oder noch breiter. Das bietet sich besonders bei längeren Röcken an, wenn diese hochwertiger aussehen sollen.
Alle Nähte, die nicht 1,0cm breit sind, sollten in der Bekleidungsherstellung mit einem Knips markiert werden! Sonst passiert es schnell, dass eine Näherin oder ein Näher in der Produktion überall 1,0 cm näht und die Maße des Kleidungsstückes entsprechen nicht der geplanten. Die Breite des Saumes wird also mit einem Knips markiert. Außerdem ist es sinnvoll, die Länge des Reißers zu kennzeichnen. Die Hüftlinie kann markiert werden, muss aber nicht, wenn es nicht für das Zusammennähen von Schnittteilen relevant ist.
Ich habe am Saum jeden Faltenbruch, ob innen oder außen, mit einem Knips markiert. An der Taillenlinie habe ich jedoch nur den inneren Faltenbruch mit einem Knips markiert, da man diesen gerade durchgehend bügeln kann. Für den äußeren Faltenbruch wird oben die Schablone angelegt. Zum korrekten Anlegen sollte deshalb auch an der Schablone nur an der Taillenlinie 1,0cm Nahtzugabe angegeben werden.
Zu beachten ist bei unserem Faltenrock noch der Nahtverlauf an der linken Seitennaht, in die der Reißer eingesetzt wird. Hier muss die Form der Taillierung mit berücksichtigt werden, da sonst der Bund nicht korrekt angenäht und geschlossen werden kann.
Bund
Damit dein Schnitt vollständig ist, braucht er noch das Schnittteil für den Bund. Das ist sehr einfach. Du zeichnest dir wieder ein Rechteck, diesmal in der Breite des Taillenmaßes zuzüglich Übertritt und in der Höhe des doppelten Bundmaßes. Für mehr Bequemlichkeit beim Tragen kannst du das Taillenmaß durch Zugabe von bis zu 1,0cm auflockern. Dies habe ich in meinem Schnitt nicht getan.
Breite: TU + Zugabe + Übertritt = 68,0cm + 0,0cm + 3,5cm= 71,5cm
Höhe: 2x Höhe = 2 x 3,5cm = 7,0cm
Der Bund erhält ringsum 1,0cm Nahtzugaben. Der Beginn des Übertrittes muss markiert werden, da dieser separat verstürzt wird und der Taillenring des Rockteils an dieser Stelle endet, und bitte auch der Bruch.
Zum Schluss
Das Legen der vielen Falten “schluckt” eine Menge Stoff. Du musst möglicherweise bei der Verarbeitung je nach Dicke deines Stoffes 1-2mm weniger pro Falte umbügeln, damit du am Ende mit deinen Falten hinkommst. Ich habe dir die Konstruktion hier so beschrieben, wie du sie für die Erstellung in der Bekleidungsindustrie benötigst. Knipsmarkierungen, Bohrlöcher und/oder Schablonen sind sehr wichtige Kommunikationsmittel für die NäherInnen. Auch die Gradierung (also die Vergrößerung des Schnittes in andere Konfektionsgrößen spielt bei der Entwicklung eine Rolle. Wenn Schnitte in der Produktion verwendet werden, dann muss dort alles auch in einer Verarbeitungsbeschreibung erklärt werden oder auf dem Schnitt eindeutig abzulesen sein.
Bei einer Einzelanfertigung kann man natürlich auch von der Stoffbreite ausgehen und dann danach die Faltentiefe und den Faltenabstand berechnen. So kannst du die Stoffbreite optimal ausnutzen. Wenn du das Prinzip verstanden hast, wie ein Faltenrock konstruiert wird, dann kannst du leicht deine eigenen Kreationen entwickeln.
Konntest du mit dieser Anleitung gut arbeiten? Hast du noch Fragen, die vielleicht auch andere haben könnten, dann schreibe mir bitte unten einen Kommentar. Ich freue mich sehr über dein Feedback und möchte, dass du am Ende in der Lage bist, deinen eigenen Faltenrock zu konstruieren.
Deine Evelyn
Hier gibt es noch eine schöne Diskussion darüber, ob man in der Bekleidungsindustrie auf individuellere Größen eingehen sollte und was dagegen spricht:
http://www.hobbyschneiderin.net/showthread.php?22560-Faltenrock-konstruieren&p=279961&highlight=#post279961
Ihr könnt diese Diskussion gern hier fortführen.
Grüße
Evelyn
Ich habe einige Videos von ihnen gesehen.
Sie sprechen langsam und betont so das man ihnen folgen kann.Man lernt sehr schnell von ihnen.Bin Anfänger.
Vielen Dank. Ich werde das für zukünftige Videos weiterhin berücksichtigen. Alles Gute!
Liebe Frau Seiler
Ich finde Ihre Faltenrockanleitung lässig. Was mir am meisten gefällt, dass Ihre ganze homepage so professionell präsentiert wird mit der genauen Bildbeschreibung dass es für Laie auch klar ist.
TL